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Zwei Fahrradtouren in Savoyen (4.8. - 5.8. 2000)

 

Es wurde für mich in den letzten Jahren zum Traum, einmal auf den Spuren der Tour de France zu fahren. Außerdem haben mich die aus den Alpen übertragenen Fernsehbilder sehr beeindruckt. Mein Ausgangspunkt war St.-Jean-de-Maurienne im Arc-Tal, von wo aus ich die verschiedenen Touren fahren wollte.

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1. Tour - Col de la Croix de Fer

Nach einem kräftigen Frühstück in meinem Hotel lade ich mein Fahrrad aus dem Auto, kaufe mir eine Straßenkarte sowie eine Schirmmütze, da die Sonne um 10 Uhr doch schon kräftig brennt. Heute möchte ich zum Col de la Croix de Fer hochfahren, dessen Zugangsstraße direkt in St. Jean beginnt. Zunächst geht es im mäßigen Anstieg aus St. Jean hoch, von wo man dann nach ca. 3 km nach links in das Tal der Arve abbiegt. Hier stellt sich für mich heraus, dass es bis zum Gipfel fast 30 km sind ­ also mehr als erwartet! Anfangs kann man noch sogar eine kurze Gefällstrecke genießen, aber hiernach geht es plötzlich nach einigen Kehren steil hoch, so dass jetzt nur noch der kleinste Gang und größte Muskelanstrengung helfen. Die Straße ist außerdem wellig und weist Schäden auf, was die Auffahrt zusätzlich erschwert. Ein paar hundert Meter weiter verringert sich der Anstieg, was mich zu einer Pause veranlasst. Während ich an der Straße stehe und mich ein wenig ausruhe, kommt plötzlich ein junger Mann auf einem Rennrad den Berg hoch und ruft von weitem "...quelque chose a manger" (also etwas zu essen). Ich packe schnelle meine Bananen aus und gebe dem Franzosen eine. Die schlingt er in einer Minute runter und sagt "el troisième col" (also der dritte Berg), und das kurz vor Mittag! Und schon ist er weg.

Auch ich fahre jetzt mit "meinem" Tempo weiter. Zum Glück nimmt die Steigung weiter ab, allerdings geht es jetzt durch mehrere dunkle Tunnels. Im weiteren Verlauf kann ich bei geringer Steigung mit einer Geschwindigkeit von 15 bis 20 km/h das Tal hoch fahren, passiere kleine Ortschaften, die frisches Brunnenwasser für meine Trinkflasche bieten. Es gibt hier und dort auch kleine Lebensmittelläden, die allerdings mittags geschlossen haben. Also muss ich mit meiner letzten Banane bis zum Gipfel auskommen. Bevor sich die Straße nun in Serpentinen hochzieht, passiert man einen lang gezogenen Touristenort, der offensichtlich auf die Wintersaison spezialisiert ist. Der Anstieg wird hier wieder zunehmend steiler, aber vom Gipfel sieht man noch lange nichts. Die Aussicht ist inzwischen umwerfend, und so genieße ich von Zeit zu Zeit bei einer kleinen Trinkpause die Landschaft.

Les Aiguilles Aussicht auf Les Aiguilles d'Arves (Bild laden)

Ich habe die Baumgrenze bereits passiert und ahne, dass nach einigen weiteren Kurven der Gipfel nahe sein muss. Aber hier gibt noch mal einige steile Passagen zu überwinden, und beim Blick nach oben sieht man nur Fels und keinerlei Passhöhe. Bald aber bin ich im letzten Anstieg, und endlich erreiche ich nach über vier Stunden Fahrt - und etwas geschafft - die Passhöhe des Croix de Fer in 2100 m Höhe. Hier ist natürlich allerhand los. Die meisten Besucher sind per Auto oder per Motorrad hoch gekommen. Es gibt auch ein kleine Gaststätte, wo man etwas trinken oder einen Imbiss einnehmen kann. Ich schieße ein paar Fotos, zunächst vom Eisernen Kreuz (das Wahrzeichen dieses Passes) und fahre dann nach einem kleinen Spaziergang die Straße abwärts in Richtung Col du Glandon. Hier geht es über eine kleine Anhöhe (Col) nach rechts ab und dann abwärts in das Tal der Glandon ­ übrigens Teil der 10. Etappe der Tour de France 2001 in Aufwärtsrichtung! Die Straße ist eng, kurvenreich und teilweise holprig. Man muss also sehr aufpassen und konzentriert fahren. An den Hängen fällt Wasser ins Tal, von Fels geht es wieder langsam in normale Vegetation über. Hier gibt es sogar umzäunte Weiden, und alles sieht so ungewohnt satt aus. Unterwegs geht es durch eine kleinere Ortschaft und dann weiter abwärts bis St. Marie im Arc-Tal. Von hier aus fahre ich zurück nach St. Jean. Am Ende dieser Tour waren es dann doch über 80 km, die ich heute gefahren bin!

Blick vom Col de la Croix de Fer in Richtung Westen (Bild laden)

 

 

2. Tour - Col du Galibier

Heute ist der Col de Galibier dran, und nach dem ersten harten Tag "flattert mir jetzt ein wenig das Hemd". Ich entschließe mich, erst ab Valloire, das etwa in 1400 m Höhe liegt, die Auffahrt zu beginnen. Alternativ kann man natürlich in St. Michel im Arc-Tal starten und sich noch als Training den Col de Telegraph (ca. 15 km Aufstieg) reinziehen. Ab Valloire sollen es aber nur 18 km bis zum Gipfel sein.

Ich lade am Ortsausgang von Valloire mein Fahrrad aus und starte in Richtung Galibier-Pass. Hier geht es auf zunächst gerader Strecke direkt aufwärts. Nach einer kleinen Ortschaft geht es nun wirklich in die pure Natur ­ die Straße zieht sich mit leichten Kurven bei mittlerer bis teilweise starker Steigung kilometerweit das Tal hinauf. Die Vegetation ist hier bereits sehr karg ­ kaum Bäume, fast nur Grasbewuchs oder bereits Fels. Man kann allerdings bequem mit einer mäßigen (Amateur-)Geschwindigkeit von 12 bis 16 km/h fahren. An diesem schönen klaren Tag haben eine ganze Reihe Radler das gleiche vor. Ich werde von radelnden Kollegen überholt oder ich überhole selber welche. Letzten Endes trifft man sich aber wieder auf dem Gipfel! Nach dieser langen "Geraden" sperrt sich das Tal vor einem ein wenig und man weiß zunächst nicht, wo und wie es weiter gehen mag. Doch ein paar hundert Meter weiter sieht man, was einen erwartet! Die Straße macht eine gestreckte 180 Grad-Kehre und führt dann steil (ca. 15% Steigung) nach oben. Hier hilft nur noch der kleinste Gang. Da ich nur ein Zweierblatt habe, muss ich zwischendurch mehrmals anhalten und verschnaufen. Das hat aber auch etwas Positives, da ich immer wieder mal einen Blick in die Natur genießen kann.

Auffahrt zum Galibier von der Südseite Auffahrt zum Galibier von der Südseite (Bild laden)

Nach diesem steilen Abschnitt und einigen Kehren wird es nun wieder humaner. Ich beobachte einen Radler auf einem Rennrad (aus Ostdeutschland, wie ich später erfahre), der von seiner Frau mit dem Auto begleitet wird und regelmäßig mit Getränken versorgt wird. Da ich heute selber gut versorgt bin, lehne ich ihr Getränkeangebot dankend ab. Es scheint, dass man bei diesem Pass bereits die Passhöhe erahnen kann. Man sieht, wie sich die Straße zwischen Felsen in Richtung Gipfel windet. Plötzlich sehe ich in einiger Entfernung eine Reihe Autos und Motorräder am Straßenrand parken. Ich muss kurz vor dem Gipfel sein! Nochmals müssen ein paar Kehren gemeistert und dann kurz in den Stand, und schon bin ich oben. Der Parkplatz dort ist natürlich voll belegt. Mein Fahrrad lehne ich an ein Schild und genieße nun die Natur von einem speziellen Aussichtsplatz in 2600 m Höhe. Richtung Süden sieht man den 3983m hohen la Meije, in Richtung Norden kann man in weiter Ferne den Mont Blanc sehen. Rundherum gibt es so gut wie keine Vegetation mehr, alles ist mehr eine Gerölllandschaft. Aber aufgrund des schönen Wetters und der milden Temperatur von ca. 15 Grad ist das alles ein Genuss!

Blick auf die Gruppe um La Meije Blick auf die Gruppe um La Meije (Bild laden)

Aus Neugierde fahre ich noch ein paar km die andere Seite abwärts und kann dort noch ein Denkmal des Tour de France-Initiators im Vorbeifahren wahrnehmen. Auf der Auffahrt kann man die Namen der verschiedenen Rennasse wie Zabel, Ulrich usw. auf der Straße lesen.

Nun kommt das Schönste, nämlich die Abfahrt zurück nach Valloire. Ich warte, bis alle Autos in weiter Ferne vor mir sind und lasse dann rollen. Aufgrund der etwas welligen Straße muss man konzentriert fahren und aufpassen um sicher auf der Straße zu bleiben, denn es gibt keinerlei Fahrbahnbegrenzungen! Und somit sind kaum mehr als ca. 55 km/h Spitze drin. Die Abfahrt dauert zwar fast eine halbe Stunde (die Auffahrt übrigens zwei Stunden), aber es scheinen nur 10 Minuten gewesen zu sein ­ so schön war's.....

Abfahrt in Richtung Valloire (Bild laden)

 

Anmerkung: Die hier beschriebenen Pässe sind nur in der Zeit von Frühsommer bis Anfang Herbst befahrbar!

 

Autor: Hans-Peter Hubert



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